VHB Augenkurs


Sehnervmorphologie
Ophthalmoskopisches Bild der Papille
 

- Begrenzung
Die Papille ist scharf begrenzt, obgleich Nervenfasern kontinuierlich über ihre Grenzen hinweg ziehen. Die Nervenfasern sind wegen der fehlenden Myelinscheiden durchsichtig. Der sichtbare Papillenrand wird durch das ausgesparte Loch im Pigmentepithel und in der Aderhaut gebildet. Nasal liegen die Fasern dichter, sie können hier einen leichten Wulst bilden, und die Grenzen erscheinen dann leicht verwaschen.
 - Farbe
Die rosa Farbe der Papille bei gewöhnlichem Ophthalmoskopierlicht entsteht durch die ernährenden Kapillaren. In der dichteren Faserschicht auf der nasalen Seite der Papille sind sie zahlreicher, temporal, wo die dünnere Schicht des papillomakulären Bündels verläuft, dagegen spärlicher. Die normale Papille ist deswegen temporal schärfer begrenzt und etwas heller rötlich als nasal. Bei Atrophie des Nervs wird durch Schwund von Nervenfasern und Kapillaren der Farbton weiß,bei Schwellung oder Entzündung der Papille erscheint die Papille rot, weil die Kapillaren und Venen gestaut sind. Die Stauung entsteht, wenn durch Schwellung des Papillengewebes der venöse Abfluss in der rigiden Skleraöffnung behindert wird. Zugleich erscheint die Papillenbegrenzung durch das Ödem unscharf.
- Gefäßtrichter und physiologische Exkavation
Die Gefäße treten normalerweise im Zentrum der Papille ein.Die physiologische Exkavation liegt im Zentrum der Papille oder etwas nach temporal verschoben. Bei großem Papillendurchmesser füllen die Sehnervenfasern nicht die ganze Fläche der Papille aus, so dass ein mehr oder weniger großer Bezirk der Siebplatte (Lamina cribrosa) erkennbar ist. Das Nervenfaserpolster ist inferior am dicksten, superior und nasal jeweils schmaler, und temporal am schmalsten (ISNT-Regel).Diese physiologische Exkavation ist queroval und reicht nie bis zum Papillenrand!
- Vorwölbung
Die Vorwölbung (Prominenz) der Papille ist für die Differenzialdiagnose wichtig.Man kann sie mit dem Augenspiegel in Dioptrien ausmessen.
- Form
Die Form der Papille ist nicht rund, sondern meist ein senkrecht stehendes Oval. Stärkere Abweichungen findet man bei hoher Myopie und bei starkem Astigmatismus der brechenden Medien. Ausgeprägte Verbiegungen der Papille bei schrägem Eintritt des Sehnervs in den Augapfel werden als »tilted disc« bezeichnet und können eine mäßige Sehstörung verursachen.
 - Peripapilläre Nervenfasern
Bei dieser Untersuchung wird der Grünfilter des Ophthalmoskops eingeschaltet. Die Nervenfaserbündel sind neben der Papille auf der Netzhautoberfläche im rotfreien Licht (Grünfilter des direkten Ophthalmoskops) gut zu erkennen, insbesondere am oberen und unteren Pol. Das kurzwellige Licht wird stärker von der Oberfläche reflektiert und die silbrige Streifung der Nervenfasern tritt dadurch besser hervor. Man muss seinen Blick am Gesunden schulen. Mit einiger Übung lässt sich sehr genau beurteilen, welcher Bezirk der Sehnervenfasern geschädigt ist.Partielle Nervenfaserausfälle erkennt man als einen schweifförmigen stumpfen Sektor zwischen den stärker reflektierenden Nervenfasern.